23.04.2020

Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf die Auszahlung von Prämien

Die Coronavirus-Pandemie stellt die gesamte Sportbranche vor große Herausforderungen. Neben den immensen finanziellen Auswirkungen im Bereich Ticketing und Sponsoring stellen sich derzeit auch grundlegende Fragen im Hinblick auf die Vergütung der Spieler.

Die Vergütungsmodelle der Lizenzspieler sehen zusätzlich zum vereinbarten Grundgehalt in der Regel auch ausdifferenzierte Bonuszahlungen vor. Diese Boni knüpfen zum einen an die individuellen Leistungen des Spielers (insbesondere einsatzabhängige Prämien) und zum anderen an das Saisonergebnis an (Saisonabschlussprämien, wie z.B. im Falle des Klassenerhalts oder Aufstiegs).

Grundsätzliches zur Vergütungspflicht

Liegt wie mit der derzeitigen Coronavirus-Pandemie ein Fall der höheren Gewalt vor, ist der Club entgegen des Grundsatzes „ohne Arbeit kein Lohn“ verpflichtet, dem Spieler sein Gehalt weiterhin zu zahlen. Hintergrund ist, dass der Club als Arbeitgeber grundsätzlich das Betriebsrisiko trägt. Demnach schuldet der Club auch dann die vertraglich vereinbarte Vergütung, wenn die angebotene Arbeitsleistung des Spielers nicht verwertet werden kann, ohne dass dieser Umstand von einer der beiden Vertragsparteien zu vertreten ist.

Die Ermittlung des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts erfolgt dabei nach dem Lohnausfallprinzip. Dies bedeutet, dass der Spieler Anspruch auf diejenige Vergütung hat, die er erhalten hätte, wenn er tatsächlich gearbeitet hätte. Er soll nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt werden, als hätte er in dieser Zeit gearbeitet. Insgesamt gelten hierbei die gleichen Grundsätze wie im Rahmen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Insoweit umfasst das an den Spieler zu zahlende Arbeitsentgelt neben dem laufenden Grundgehalt auch arbeitsleistungsbezogene Prämien.

Handelt es sich bei der jeweils vereinbarten Prämie um die Abgeltung der laufenden Arbeitsleistung, ist diese dem Spieler auch während der Unterbrechung des Spielbetriebs zusätzlich zu dem vereinbarten Grundgehalt zu zahlen. Stellt die vereinbarte Prämie hingegen eine Sondervergütung dar, erhöht sie den Vergütungsanspruch des Spielers indes nicht.

Punkteinsatzprämien – Arbeitsleistungsbezogene Prämie oder Sondervergütung?

Punkteinsatzprämien erhält ein Spieler für einen Pflichtspieleinsatz und sein mögliches Mitwirken am Gewinn von einem oder drei Punkten.

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass der Spieler keinen Anspruch auf einen Pflichtspieleinsatz hat. Vielmehr stellt die Pflichtspielteilnahme lediglich eine rechtlich nicht geschützte Chance dar. Dass nicht allein die Leistung des Spielers ausschlaggebend für einen Einsatz ist, macht der Umstand deutlich, dass der Trainer anhand diverser nicht vom Spieler beeinflussbarer Faktoren, wie der eigenen Taktik, frei darüber entscheiden kann, ob und wann der Spieler eingesetzt wird. Man könnte deshalb meinen, aufgrund dieser bloßen Chance auf Prämienerzielung folge, dass Punkteinsatzprämien nicht fortzuzahlen seien. Andernfalls verkehre man eine nicht gesicherten Chance auf einen Einsatz während der Unterbrechung des Spielbetriebs durch die Prämienfortzahlung de facto in einen Anspruch auf Einsatz.

Dem folgt das Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht. Die Arbeitsleistung des Spielers umfasse sowohl den Trainings- als auch den Spieleinsatz. Die Prämie werde somit als Ansporn für den Spieler verstanden, sich während der gesamten Saison durch ausreichendes Training für einen Pflichtspieleinsatz anzubieten. Zwar bleibe die Entscheidung über einen Spieleinsatz letztendlich beim Trainer, jedoch beeinflusse der Spieler diese Entscheidung ganz wesentlich durch seinen Trainingseinsatz. Folgt man dieser Auffassung, stellt die Zahlung der Einsatzprämie keine Vergütung einer Sonderleistung dar, sondern der „normalen“ Arbeits-/Trainingsleistung des Spielers während der gesamten Saison. Konsequenz hieraus ist die Schätzung des hypothetischen Lohns des Spielers gem. § 287 Abs. 2 ZPO unter Heranziehung des durchschnittlichen Entgelts des Spielers – inklusive Prämien – der vergangenen drei Monate.

Saisonprämien – Worst-Case-Szenario Saisonabbruch?

Bei der Entscheidung darüber, ob die Saison gegebenenfalls sogar abgebrochen wird, hat die Wahrung der Integrität des Wettbewerbs oberste Priorität. Doch nicht nur auf sportlicher Ebene würde ein Saisonabbruch weitreichende Unsicherheiten mit sich bringen. Auch im Hinblick auf den Umgang mit verschiedenen Saisonprämien ergeben sich im Falle eines Saisonabbruchs diverse Fragen.

Sämtliche Saisonabschlussprämien, wie z.B. Platzierungs-, Klassenerhalts-, Aufstiegs- und Pokalprämien, knüpfen an die Endplatzierung im jeweiligen gesamten Wettbewerb an. Bei der Vereinbarung der für die jeweilige Saisonprämie zu erfüllenden Bedingungen spielen wirtschaftliche Erwägungen eine entscheidende Rolle. Neben der gemeinsamen Festlegung von sportlichen Zielen geht es vor allem darum, den Spieler an den wirtschaftlichen Ergebnissen, wie u. a. zukünftigen Einnahmen aus Fernsehgeldern, zu beteiligen. Die Höhe dieser Einnahmen, d.h. des Topfes, aus dem die Prämien bedient werden, hängt entscheidend vom Saisonergebnis ab. Diesem Umstand ist auch im Rahmen der Frage der Fortzahlung Rechnung zu tragen.

Im Falle des Abbruchs der Saison liegt zwar kein sportlich erreichtes Ergebnis vor. Das Wettbewerbsergebnis wird vielmehr liga- bzw. verbandsseitig festgelegt. Dennoch ist bei der Frage der Prämienzahlung vom Wortlaut auszugehen. Entweder das prämienauslösende Ereignis ist demnach eingetreten oder nicht. Eine Auslegung, wonach es nicht auf die Liga-/Verbandsentscheidung, sondern allein auf die sportliche Zielerreichung ankomme, erscheint kaum haltbar. Regelmäßig missachtete dies den dargestellten wirtschaftlichen Hintergrund der Prämie. Gleichwohl kann jedoch eine Anpassung der vertraglich definierten Prämie geboten sein, z.B. wenn aufgrund der verkürzten Saison weniger Erlöse beim Club ankommen.

Gleiches gilt, wenn die Höhe der auszuzahlenden Saisonabschlussprämie von der Anzahl der Spieleinsätze des Spielers abhängt. Auch insoweit kann der Vertrag aufgrund des Abbruchs der Saison anzupassen sein. Zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Klauseln sind die Vertragsparteien von einer vollständigen Saison ausgegangen, im Beispiel Fußballbundesliga von 34 Spieltagen. Gespielt wurden nur 25 Begegnungen, so dass es – je nach Gestaltung – geboten sein kann, die tatsächlichen Spieleinsätze auf die 25 Spiele zu beziehen.

Anders ist es dagegen bei vertraglich festgelegten Gehaltssteigerungen bei Erreichen einer gewissen Anzahl an Pflichtspieleinsätzen. In aller Regel zielt diese Gestaltung allein auf die Zukunft. Vereinbart wurde eine Qualifikationsschwelle. Die Idee hinter der Festsetzung der erforderlichen Anzahl an Spielen für eine Gehaltssteigerung ist, dass für den Club erkennbar werden soll, ob die Leistungen des Spielers eine Gehaltssteigerung rechtfertigen. Eine anteilsmäßige Reduzierung der Anzahl an Spielen kommt deshalb nicht in Betracht, da diese Einschätzung erst ab der vereinbarten, absoluten Anzahl an Spielen realistisch ist.

Insbesondere aufgrund der damit einhergehenden bedeutenden wirtschaftlichen Auswirkungen sind für die abschließende Beurteilung jedoch immer auch die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die vorangegangenen Ausführungen dienen somit zunächst als Überblick der in Betracht kommenden Fragestellungen im Hinblick auf die unterschiedlichen Prämienregelungen von Lizenzspielern.

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