19.04.2021

Die Super League kommt – mit welchen Konsequenzen? Ausschluss der Besten – WM ohne Superstars?

Nun ist offiziell, worüber seit Jahren spekuliert und diskutiert wurde: 12 europäische Top-Clubs gaben bekannt, eine Super League zu gründen. Drei weitere Gründungsmitglieder werden noch gesucht, jährlich sollen sich fünf Teams qualifizieren und das 20er-Feld auffüllen. Clubs aus Deutschland und Frankreich tauchen bisher nicht unter den verkündeten Teilnehmern auf.

Die bis zu 25 Spieltermine pro Super League Saison (18 Vorrunden-Spieltage und bis zu 7 Spiele in der K.o.-Runde) sollen grundsätzlich unter der Woche ausgetragen werden. So wollen die Clubs weiterhin in den heimischen Ligen antreten. Auf eine Teilnahme an Champions oder Europa League dürften die Super League Teilnehmer damit aber wohl freiwillig verzichten.

In einer gemeinsamen Erklärung vom 18. April 2021 gaben die UEFA sowie die Nationalverbände und Ligen aus Spanien, England und Italien bekannt, dass das Projekt gestoppt werden soll und entsprechende Maßnahmen, auch juristischer Art, ergriffen werden sollen.

Die FIFA und die Kontinentalverbände (UEFA u.a.) hatten bereits am 21. Januar 2021 mitgeteilt, dass sie die Clubs und Spieler, die an einer zukünftigen Super League teilnehmen würden, von der Teilnahme an ihren eigenen Wettbewerben (u.a. WM, EM und CL) ausschließen würden. UEFA Präsident Ceferin hat dies nochmal bestätigt und angedroht, dass Spieler, die in der Super League spielen werden, von der Teilnahme an der Weltmeisterschaft sowie an der Europameisterschaft ausgeschlossen sein werden.

Solche Sanktionen mit erheblicher Abschreckungswirkung sollen offensichtlich dazu dienen, dass die besten Spieler gezwungen werden, ihre Teilnahme an der Super League abzusagen, um sich die Teilnahmemöglichkeit an den nationalen Ligen bzw. den prestigeträchtigen etablierten Turnieren (WM, EM) zu erhalten. Ohne diese Teilnehmer wäre eine Super League jedoch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht durchzuführen – schließlich erhält das Turnier sein Vermarktungspotential nicht aus Turnierform bzw. -modus an sich, sondern aus der sportlichen Attraktivität, die gerade erst aus der Teilnahme der besten Spieler resultiert.

Unabhängig davon, ob eine solche Regelung aus den bestehenden Regelwerken entnommen werden soll, oder ob FIFA & Co. hierzu explizite neue Regelungen aufstellen würde, bestehen jedoch Zweifel an der rechtlichen Wirksamkeit.

Erst im Dezember 2020 wurde eine ähnliche Regel im Regelwerk der Internationalen Eislaufunion (International Skating Union, ISU) vom Gericht der Europäischen Union (EuG) als EU-rechtswidrig bestätigt. Athleten, die an nicht durch die ISU genehmigten Dritt-Wettbewerben teilnahmen, sollten für ISU-Wettbewerbe gesperrt werden.

Gegen den Versuch des Basketball-Weltverbandes FIBA, die Nationalmannschaften derjenigen Nationalverbände von internationalen Turnieren auszuschließen, aus denen Clubs an der Euroleague Basketball (Konkurrenz zur FIBA Champions League Basketball) teilnahmen, erging schon im Jahr 2016 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts München.

Nach der europarechtlichen Rechtsprechung handelt es sich bei Sportverbänden wie der FIFA um Unternehmensvereinigungen im Sinne des Kartellrechts: Clubs und Verbände sind wirtschaftlich ausgerichtete Einheiten, die sich im jeweils übergeordneten Verband unmittelbar oder mittelbar zusammengeschlossen haben. Den Verbänden kommt zudem eine Doppelfunktion zu. Sie werden einerseits bei der Aufstellung von Regelwerken und der Anerkennung von Wettbewerben regulierend tätig, betätigen sich aber zugleich selbst als Ausrichter der größten Wettbewerbe unternehmerisch. Ihre Regelungen müssen sich daher daran messen lassen, nicht in unzulässiger Weise in den wirtschaftlichen Wettbewerb auf dem jeweiligen Wirtschaftsmarkt einzugreifen. Das Organisieren, Ausrichten und Vermarkten von Sportveranstaltungen bildet einen solchen Wirtschaftsmarkt. Auf diesem können verschiedene Ausrichter von Fußballwettbewerben gegeneinander konkurrieren – um Zuschauergunst, Medienpräsenz sowie Interesse von Sponsoren und die jeweiligen Einnahmemöglichkeiten daraus. Bisher gibt es einen solchen (wirtschaftlichen) Wettbewerb der (sportlichen) Wettbewerbe untereinander vor allem bei den nationalen Ligen. Nicht erst seit dem Engagement von Jürgen Klopp beim FC Liverpool werden bspw. am Wochenende auch Spiele der Premier League in Deutschland übertragen und treten so in Konkurrenz zur Bundesliga. Mit einer Super League finden nicht nur Bundesliga und Co., sondern auch die Champions League ihren Gegenspieler, der ihr auf dem europäischen und weltweiten Fußballmarkt Marktanteile streitig macht.

Das EU-Recht will grundsätzlich die freie Entfaltung wirtschaftlichen Wettbewerbs schützen. Die faktische Verbotswirkung eines Ausschlusses der Clubs und Spieler der Super League aus anderen Wettbewerben beeinträchtigt jedoch diese Entfaltung des Markts für Fußballwettbewerbe. Solche wettbewerbsbeschränkenden Regelwerke lässt das EU-Recht nur unter besonderen Bedingungen zu. Zunächst muss mit den Beschränkungen ein legitimer Zweck verfolgt werden. In Anlehnung an den ebenfalls im EU-Recht verankerten Grundsatz der Förderung des Sports und der Berücksichtigung seiner besonderen Merkmale sowie seiner sozialen und pädagogischen Funktion sind in der Vergangenheit verschiedene Ansatzpunkte für legitime Zwecke abgeleitet worden, die hinter beschränkenden Sportverbandsregeln stehen können. Dazu zählen die Durchführung aller Wettbewerbe nach einheitlichen Standards und Regelwerken, die Durchsetzung des Fairplay-Prinzips sowie die physische und ethische Integrität der Sportlerinnen und Sportler.

Regelwerke, die zur Erreichung solcher Ziele geeignet sind, haben Aussicht, vor dem EU-Recht zu bestehen. Die Regelwerke dürfen jedoch nicht mehr verlangen, als zur Erreichung dieser Ziele auch tatsächlich erforderlich ist. Beispielsweise war im kürzlich beanstandeten Regelwerk der ISU eine Klausel enthalten, wonach ein Dritt-Veranstalter, der eine Eisschnelllauf-Veranstaltung durchführen und dafür die Anerkennung der ISU erhalten wollte, seinen Business-Plan offenlegen musste. Auch waren unterschiedliche Genehmigungsverfahren für Veranstaltungen von Verbandsmitgliedern und Veranstaltungen von außenstehenden Dritten vorgesehen. Die Sperren für teilnehmende Sportler wurden unabhängig davon verhängt, ob es sich um einen Erstverstoß oder eine Wiederholung handelte und wurden für eine unverhältnismäßig lange Dauer ausgesprochen. All das war nach Auffassung des Gerichts zu weitgehend und zur Erreichung eines legitimen Zwecks nicht mehr erforderlich.

Eine Regelung der Fußball-Verbände und Ligen, welche die Clubs und Spieler der Super League von den übrigen Wettbewerben ausschließt, müsste diesen Vorgaben gerecht werden. Die Clubs der Super League haben in ihrem Statement mitgeteilt, mit UEFA und FIFA partnerschaftlich zusammenarbeiten zu wollen. Die Einführung eines eigenen Regelwerks oder eine sonstige Abweichung der Super League von den weltweit einheitlichen Fußball-Standards ist bislang an keiner Stelle angedeutet worden. Trotz des Verzichts auf die Teilnahme an Champions League (derzeit maximal 13 Spiele pro Saison für die Finalisten) würde sich zwar die Anzahl möglicher Spiele pro Saison erhöhen (bis zu 25 Spiele für die Super League Finalisten). Ob dies genügt, um das Argument des Schutzes der körperlichen Integrität der Spieler zur Rechtfertigung einer Bann-Regelung gegen die Super League ins Feld führen zu können, darf bezweifelt werden.

Es müssten daher wohl andere, besondere Werte des Sports identifiziert und auch rechtlich anerkannt werden, die dem bisherigen System innewohnen, in der neuen Super League aber nicht zu finden sind, um einem Bann die Rechtmäßigkeit zu verleihen. Beachtlich sind daher erste einzelne Äußerungen aus der EU-Kommission, die andeuten, dass eine Super League möglicherweise nicht mit dem „werteorientierten europäischen Sportmodell“ vereinbar sei und auf dessen Vielfalt, Offenheit und Wechselbeziehungen zwischen Breiten- und Spitzensport verweisen.

Auch die Super League hat in ihrer ersten Ankündigung jedoch beispielsweise höhere Solidaritätszahlungen an die heimischen Ligen und Verbände in Aussicht gestellt, als es bisher durch die Europapokal-Wettbewerbe der Fall gewesen sei.

Durch die Bereitstellung der fünf Qualifikationsplätze wird dem Argument einer geschlossenen Veranstaltung einer Elite ohne Auf- und Abstieg zumindest ein wenig Kraft genommen.

Weiter ist im Statement der Super League von der adressierten Leidenschaft der Fans und Amateurspieler die Rede und davon, diesen motivierende Vorbilder zu bieten.

Die Super League scheint insoweit ihre Hausaufgaben gemacht zu haben und für mögliche Angriffe vorbereitet zu sein.

FIFA und UEFA und die nationalen Verbände und Ligen werden sehr genau hinschauen müssen, wo bzw. ob überhaupt das Konstrukt Super League Angriffspunkte bietet, die eine Sanktion gegen die teilnehmenden Clubs und Spieler rechtfertigen könnte.

Es wird dabei jedenfalls beachtet werden müssen, dass der wirtschaftliche Wettbewerb der sportlichen Wettbewerbe grundsätzlich frei ist und nur das Maß an Einschränkungen rechtlich Bestand haben wird, was zum Schutz des Sports wirklich erforderlich ist und nicht auch auf anderem Weg, mit milderen Regelungen erreicht werden kann.

Eine Regelung, mit der die Durchführung einer Super League schlechthin unmöglich gemacht wird, dürfte kaum erforderlich sein, um die auch im Sinne des EU-Rechts anerkennenswerten Belange des Sports zu schützen. Auch ein Ausschluss der besten Spieler von WM und EM begegnet in dieser Hinsicht starken Zweifeln.

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