07.06.2022

Presseanfrage – Was nun?

Presseanfragen gehören zum täglichen Geschäft von JournalistInnen. Um die Vollständigkeit der Darstellung zu wahren, gehört es zu ihrer journalistischen Pflicht, auch die Sichtweise des von einer Berichterstattung Betroffenen zu beachten. Der auf den JournalistInnen wirkende Druck, die geplante Berichterstattung möglichst zuerst und damit vor der Konkurrenz zu veröffentlichen, führt zu kurz gesetzten Fristen für die Beantwortung von Presseanfragen. Hinzu kommt, dass Presseanfragen typischerweise von kritischen Fragen und schweren Vorwürfen geprägt sind. Die kurze Fristsetzung sowie die kritischen Fragen führen in der Regel zu Unsicherheiten bei der Beantwortung entsprechender Anfragen. Oft ist den Betroffenen unklar, ob sie auf die Presseanfragen antworten sollen und falls ja, welche Informationen der Presse wie übermittelt werden sollten.

Die Beantwortung einer Presseanfrage im Vorfeld einer tendenziösen Berichterstattung können betroffene Person jedoch auch als Chance sehen. Eine auf den konkreten Fall zugeschnittene Taktik sowie eine wohlüberlegte Reaktion auf die journalistische Anfrage kann Missverständnisse ausräumen und im besten Fall eine negative Berichterstattung in Gänze verhindern.
Ein aktuelles Beispiel zeigt dagegen, zu welchen schwerwiegende Folgen ein unüberlegter Umgang mit der Presse führen kann:

Dem ehemaligen CSU Generalsekretär Stephan Mayer wurde von einem Boulevardmagazin im Vorfeld einer geplanten Berichterstattung die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Ausweislich der Presseanfrage sollte Hauptvorwurf der Berichterstattung ein vermeintlich uneheliches Kind des bayerischen Politikers sowie angeblich fehlende Unterhaltszahlungen des Politikers sein. Die geplante Berichterstattung empfand der CSU-Politiker als „eklatant rechtswidrig“, weshalb dieser den verantwortlichen Journalisten am Telefon bedroht und aufgefordert haben soll, die Veröffentlichung des bevorstehenden Artikels zu stoppen und umgehend 200.000,- EUR „Schmerzensgeld“ an den Politiker zu zahlen. Unabhängig von der Frage, ob eine solche Berichterstattung tatsächlich unzulässig gewesen wäre, hat das unkontrollierte und wenig überlegte Verhalten des Betroffenen Mayer nicht nur seinem öffentlichen Ansehen geschadet, vielmehr hat dieser durch sein eigenes Verhalten eine wohl viel größere Beachtung der Thematik hervorgerufen. Im Ergebnis wurde nicht nur die Berichterstattung – wie ursprünglich vom Journalisten geplant – veröffentlicht, das Verhalten Mayers führte auch zum Rücktritt vom Amt des Generalsekretärs der CSU.

Um solche Negativbeispiele zu vermeiden, sollte bei Presseanfragen umgehend ein qualifizierter Rechtsrat bei PresserechtlerInnen eingeholt werden. Denn: Der richtige Umgang mit Presseanfragen hängt stets vom Einzelfall ab und kann je nach Ausgangslage unterschiedliche Strategien erfordern.
Folgende grundlegende Punkte gilt es jedoch stets zu beachten:

1. Bei telefonischen Presseanfragen sollte grundsätzlich keine Auskunft erteilt werden. Fordern Sie die JournalistInnen dazu auf, sämtliche Fragen schriftlich zu stellen.

2. Sobald eine schriftliche Presseanfrage vorliegt, gilt es falsche Tatsachen aufzudecken und diese richtig zu stellen.

3. Betreffen die Fragen die Bereiche der Privat- oder Intimsphäre, sollten Sie sich dazu nicht einlassen. Bei privaten oder gar intimen Themen verweisen Sie ausdrücklich auf die Achtung und Einhaltung der Privat- und Intimsphäre.

4. Verdachtsäußerungen sind nur im Einzelfall zulässig. Lassen Sie eine geplante Verdachtsberichterstattung stets anwaltlich überprüfen.

5. Teilen Sie ausdrücklich mit, welche Informationen aus Ihrem Antwortschreiben zum Zwecke der Veröffentlichung genutzt werden dürfen und welche lediglich als rechtliche Hinweise zu verstehen sind.

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