16.12.2020

Sportrecht - ein spannendes Feld für Juristen

Von Werbeverträgen bis zum Doping: Auch Sportvermarkter und Vereine suchen Juristen

Sport ist für die einen Mord – und für die anderen pure Leidenschaft. Da geht es um Triumph und Enttäuschung, um Mut und Verzweiflung. Auch abseits des Spielfelds: Die Menschen fiebern mit ihren Idolen oder ›ihrer‹ Mannschaft mit. Sie leiden bei einer Niederlage und feiern euphorisch bei einem Aufstieg oder gar einem WM-Sieg. »Das sind Gefühle, wo man schwer beschreiben kann«, wie es Jürgen Klinsmann einmal formulierte.

Und in diesen großen Gefühlen, die mittlerweile zum Massenphänomen geworden sind, erkennen Sportartikelhersteller, Sponsoren oder Medien ein enormes Potenzial. Daher wird Sport immer stärker kommerzialisiert. Und das macht ihn gleichzeitig anfälliger für Konflikte zwischen den jeweiligen Beteiligten.

Exklusivrechte verhandeln

»Sport ist heute Big Business. Der sportliche Erfolg ist entscheidend – in dieser Hinsicht funktionieren die großen Vereine oder Verbände ganz ähnlich wie andere Wirtschaftsunternehmen«, sagt Jörg von Appen, Rechtsanwalt und Partner der Hamburger Kanzlei von Appen | jens legal, die ausschließlich in der Sportbranche tätig ist. Die Kanzlei berät hierzu Vereine, Kapitalgesellschaften, Verbände, Investoren, Spielervermittler und Einzelsportler – vor allem im Fußball, aber auch im Boxen, Tennis, Golf und weiteren Sportarten. Vereine und Verbände haben selten eine eigene, schlagkräftige Rechtsabteilung. Von Appens Beobachtung: Die Sportbranche wächst und mit ihr die streitigen Auseinandersetzungen. Exklusive Rechte spielen dabei für die Beteiligten oft eine zentrale Rolle:

• Welcher Sender darf die Basketball-WM live ausstrahlen?
• Welches Unternehmen wird Titelsponsor der Formel 1?
• Wie werden Branchen voneinander abgegrenzt?

Solche und andere Fragen müssen verhandelt werden. Hier ist vor allem Branchen-Know-how gefordert. Es zieht sich durch bis zu den Bandenwerbungen am Spielfeldrand und der Frage, welche rechtlichen Konsequenzen es zum Beispiel hat, wenn es hierbei eine technische Panne gibt. Die rechtliche Gestaltung von Verträgen ist dabei oft entscheidend. Ebenso wie bei Spielertransfers oder beim Sponsoring: Hier ist genau zu prüfen, ob die jeweiligen Bedingungen wirksam sind und welche Rechte und Pflichten sich daraus für den betreffenden Spieler oder den Verein ergeben.

»Die meiste Zeit am Tag verbringe ich damit, solche Verträge zu gestalten und auszuhandeln«, sagt von Appen. Bis zu 20 Mal könne ein Vertrag dabei hin- und hergeschickt werden, ehe sich die Parteien einigen – für den 47-Jährigen eine oft sehr zähe, aber herausfordernde Aufgabe.

Werbung, TV-Übertragungsrechte und Markenrechte

Auch für die großen Sportvermarkter gehören die Erstellung und das Aushandeln von Verträgen zum Tagesgeschäft. Bei Sportfive geht es dabei im Kern um deutsche Fußballclubs und um die Verträge zwischen ihnen und ihren Partnern. Inhaltlich reicht die Palette von Businessplätzen bis hin zum Namensrecht am Stadion. Die Vermarktung von TV-Übertragungsrechten oder Markenrechten ist ein weiterer Aufgabenbereich.

»All diese Rechte sind zu einem Großteil nicht greifbar«, sagt Till Johannsen, Senior Manager Legal bei Sportfive. Daher sei es umso wichtiger, sie in Form von Verträgen bestmöglich zu fixieren. Dass der 38-Jährige dabei seine privaten Interessen mit dem Beruf verbinden kann, freut ihn besonders: »Als Fußballfan ist es sehr interessant, einen Blick hinter die Kulissen dieses Wirtschaftszweiges zu werfen. Die Spiele der vermarkteten Clubs sehe ich mit anderen Augen, da der Unternehmenserfolg immer auch mit dem Erfolg der jeweiligen Clubs zusammenhängt und ich stets auch einen Blick auf die Werbedarstellungen habe, zum Beispiel auf die Bandenwerbung oder den Stadionnamen, die ich selbst in Verträgen mit Sponsoren verankert habe.« Zu den aktuellen Herausforderungen in diesem Bereich gehören für den Juristen auch die digitalen Werbeformen.

Doping: Beweislast beim Angeklagten

Wie weit allerdings Kommerzialisierung und Erfolgsdruck im Sport gehen können, sieht man beim Thema Doping: Mit dieser sehr unsportlichen Seite des Sports befasst sich Christian Keidel von der Münchner Kanzlei Martens Rechtsanwälte. Meist berät er internationale Verbände bei der Frage, ob ein Athlet einen Dopingverstoß begangen hat, und verteidigt sie, wenn sie eine Sperre gegen ihn verhängen.

»In einem solchen Fall sind viele Fragen zur Beweislast zu klären«, so Keidel. Klassischerweise handele es sich hier aber um eine Umkehr der Beweislast – sprich: Wenn ein Sportler positiv getestet wurde, muss er beweisen, dass die Substanz ohne Verschulden in seinen Körper gelangt ist. Die im Strafrecht verankerte Unschuldsvermutung gilt hier also nur eingeschränkt. Aber auch schon vor einem Dopingverdacht geht es zur Sache: Gemeinsam mit dem jeweiligen Mandanten entwirft der Anwalt detaillierte Regelwerke, die festlegen, wie der Verband mit Doping umgeht. An juristischem Fachwissen ist dabei neben dem Verbands- auch das Strafrecht von großer Bedeutung. »Im Sinne des sogenannten Bestimmtheitsgrundsatzes achten wir zum Beispiel darauf, dass die Regeln möglichst klar formuliert sind, damit die Sportler wissen, mit welchen Rechtsfolgen sie bei einem Dopingverstoß rechnen müssen«, so Keidel.

Bei Doping hört die Liste an Verfehlungen im Sport aber leider nicht auf: So werden im Milliardengeschäft Fußball auch Korruptionsvorwürfe immer wieder laut. »In Form von Ethikregeln müssen wir dieses Thema in die Verbandsrichtlinien mit aufnehmen.«

Diese Regeln besagen unter anderem, dass niemand einen ungebührlichen Vorteil aus seiner Vereinstätigkeit ziehen darf. Auf der Seite der Spieler wird der Anwalt ebenfalls aktiv: Meist vertritt er Fußballer und deren Vereine, wenn diese gegen Entscheidungen der FIFA oder der UEFA vorgehen wollen. Eine enorm vielseitige Tätigkeit also – das Sportrecht. Genau diese Tatsache ist es auch, die den 41-Jährigen an seiner Arbeit so fasziniert: »Bei der Erstellung von Regeln und der Verteidigung unserer Mandanten stehen wir oft vor neuen, spannenden Fragestellungen.«

Hinzu kommt das internationale Arbeitsumfeld: Etwa 70 Prozent der Vereine und Verbände, die Martens Rechtsanwälte berät, kommen aus dem Ausland. Der Großteil von Keidels Tätigkeiten findet also auf Englisch und bisweilen auch an Schauplätzen rund um den Globus statt. Und damit hat seine Arbeit eine der zahlreichen schönen Seiten mit dem Sport gemein: den Austausch mit anderen Nationen.

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